Das Auge liest mit

Der Mensch ist ein Augentier, meint unsere Gastbloggerin Daria Gfeller. In ihrem Beitrag nennt sie fünf Gründe, warum Texte nicht ohne Bilder auskommen.

Unsere Umgebung nehmen wir zu 80 Prozent über unseren Sehsinn wahr. Rote Ampeln, die Beurteilung des Gemüsesortiments beim Einkaufen oder auch das Schuhebinden. Ganze 80 Prozent aller Informationen an unser Hirn stammen von unseren Augen. Weitere 11 Prozent kommen über die Ohren. Die restlichen 9 Prozent werden unter Geruchs-, Tast- und Geschmackssinn aufgeteilt.

Seit Millionen von Jahren verarbeiten wir Menschen visuelle Eindrücke. Wir haben diese Fähigkeit stets geübt und weiterentwickelt, und sind heute Profis: In Millisekunden können wir Piktogramme und Bilder erfassen und deuten. Die Sprache hingegen haben wir erst vor rund 150’000 Jahren gelernt. Bilder entsprechen also evolutionsgeschichtlich unserem Wesen, während Text oft viel Zeit und Energie braucht, um entschlüsselt zu werden.

Fünf Gründe, warum jeder Text ein Bild braucht

#1 Bilder sind ein Feuerwerk für das Hirn

Bilder sind ein Feuerwerk für unser Hirn. Beim Lesen hingegen schläft ein Grossteil unseres Gehrins; nicht so bei Bildern: Durch sie werden Emotionen geweckt, was wiederum viele Hirnteile aktiviert. Genau diese Hirnteile brauchen wir, damit wir Informationen aufnehmen können.

#2 Doppelt hält besser

Die Verknüpfung von visuellen Elementen und Text führt zu einer doppelten Codierung. Wir nehmen die Informationen über zwei Kanäle wahr und so wird sie doppelt gespeichert. Die Erinnerung an die Information wird um ganze 55 Prozent gesteigert.

#3 Bilder sagen mehr als Worte

Ja, wir wissen es: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Doch warum? Bilder enthalten so viele Komponenten, die uns sehr rasch Aufschluss über eine Situation geben. Hier ein Beispiel anhand dieses Fotos:

Der Bildinhalt, also was abgebildet wird, ist nur eine Komponente. Wir sehen hier einen Hund auf einem Rasenstück. Er bellt und steht auf den Hinterläufen. Viel mehr ist nicht zu sehen.

Die Art und Weise, wie die Information dargestellt wird, eröffnet uns jedoch eine weitere Ebene. In diesem Fall wurde die Augenhöhe des Hundes gewählt, automatisch nehmen wir den Hund als «ebenbürtig» wahr. Hätte man die Vogelperspektive gewählt, würde man eher von einem «nicht so ernst zu nehmenden Hund» sprechen, wir würden dann auch nicht dieselben Bildinfos haben; zum Beispiel wären dann weniger Maul und Zähne zu sehen – dafür mehr «harmloses Rückenfell».

Dadurch, dass der Hund sein Maul so weit geöffnet hat, denken wir sofort: «Der ist sehr gefährlich und aggressiv.» Wir gehen davon aus, dass er eine fremde Person angreifen will. Das sind Dinge, die wir interpretieren und nicht mit Sicherheit wissen können. In Tat und Wahrheit könnte es der netteste Hund auf Erden sein, der gerade seine Polizeihunde-Prüfung absolviert.

Die Evolution oder eigene Erfahrungen verleiten uns zu Schlussfolgerungen. Damit kategorisieren wir unsere Umwelt. So finden wir uns besser darin zurecht und können Gefahren aus dem Weg gehen.

Weitere Informationen gibt uns beispielsweise die Farbwelt. Kalte Farben (viele Blauanteile) schaffen oft eine gewisse Distanz, wirken kühl und unsympathisch. Warme Farben dagegen nehmen wir als angenehm und liebevoll wahr. Damit wird sehr oft in Filmen gespielt, um beispielsweise den Protagonisten lieb und den Antagonisten böse dastehen zu lassen.

Ein Bild weckt also sehr rasch viele Emotionen in uns. Gut gewählte Bilder können steuern, was Leser:innen denken und fühlen.

#4 Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit

Einen Text zu lesen, bedeutet viel Zeit- und Energieaufwand für unser Hirn. Wir müssen Buchstabe für Buchstabe durchgehen, analysieren und mit den letzten Worten verknüpfen. Erst so können wir alles in einen Kontext setzen und verstehen. Das ist sehr viel Arbeit.

Ein Bild dagegen nehmen wir als Vergnügen wahr. Wir schauen uns gerne Filme an (ohne Untertitel) oder blättern im Eiltempo durch Zeitschriften, um die Bilder zu sehen. Wir verstehen sofort alles und es ist unterhaltsam.

#5 Neugierde wecken

Der Mensch ist unglaublich neugierig. Wir wollen immer wissen, was sich hinter den Kulissen abspielt. Geben Sie diesem Trieb nach. Das freut die Leser:innen und schafft Vertrauen, weil mehr vom Wertschöpfungsprozess einsehbar wird.

Wir haben also gesehen: Gute Texte, die im Gedächtnis bleiben sollen, müssen Bilder enthalten. Nur so können Sie die Informationen bei den Leser:innen verankern und ihre Emotionen steuern.

Möchten Sie mehr darüber wissen? Oder gar eine Fotografin oder Grafikerin engagieren, um Ihren Text visuell aufzuwerten? Nehmen Sie Kontakt mit mir auf.

Mehr Infos über die Autorin und die Agentur Bildfunke finden Sie auch hier.